Das Corona-Virus, die Behörden und die Solidarität in Düsseldorf – aus der Sicht einer Betroffenen

ein Gastbeitrag von Birgit Schentek

Als die ersten Meldungen über Corona in den Medien kamen, waren wir da nicht alle der Ansicht, das Virus ist weit weg? Wir, die nicht zu den Risikogruppen zählten, machten uns nicht wirklich Sorgen. Auch als wir Karneval feierten, war das Virus bei vielen nicht präsent, auch nicht bei mir und meiner Familie. Nach Karneval stand für uns – wie für viele – die Erholung im Skiurlaub auf dem Plan. Ein Tagesausflug vom Allgäu nach Ischgl am 6. März sollte vieles ändern…

Erste Symptome nach der Rückkehr

Aus dem Skiurlaub zurückgekehrt, trat bei mir in den ersten Tagen Husten auf. Immer noch nicht alarmiert, ging ich davon aus, dass meine Erkältung von Karneval noch immer nicht auskuriert war. In der folgenden Woche war ich beruflich sehr eingespannt, da die Diskussion über die Schließung der Kindertagesstätten im vollen Gange war. Es war eben keine Zeit, sich Gedanken zu machen.

Am folgenden Wochenende merkten mein Mann und ich, dass wir zunehmend schlapp waren und der Husten stärker wurde. Auch meine Tochter kämpfte mit Husten und beginnender Atemnot. Nun fingen wir an, uns Sorgen zu machen. Immer noch aber mit dem Gedanken „was soll es, ähnlich wie eine Grippe“, wir sind gesund, haben keine Vorerkrankungen – die paar Tage schaffen wir… Weit gefehlt! Am Montag, den 16. März, nahmen wir – wie es von den Behörden auch gefordert wurde – telefonisch Kontakt mit unserem Hausarzt auf. Dieser verordnete unserer Familie, weil Rückkehrer aus einem Risikogebiet, eine zweiwöchige Quarantäne.

Keine Tests auf Corona möglich

Auch wenn wir nicht alle Symptome hatten, war es für mich klar, dass ein Test für uns und unser Umfeld von größter Wichtigkeit wäre. Wir wohnen mit meinen Schwiegereltern in einem Haus und hatten in der Woche zuvor Kontakt zu Menschen, die zur Risikogruppe zählten. In der Annahme, dass das Gesundheitsamt für einen Test der richtige Ansprechpartner ist, wandte ich mich also am 16. März an die Hotline. Dort wurden die Symptome abgefragt – Husten, Gliederschmerzen, Kopfschmerzen, Rückkehr aus einem Risikogebiet usw. Als die Frage nach Fieber aufkam, musste ich dies verneinen. Mir völlig unverständlich, dass wir noch am gleichen Tag abends einen Anruf des Gesundheitsamtes erhielten, wo uns mitgeteilt wurde, dass bei uns kein Test nötig sei und unsere kontaktierten Personen auf Symptome bei ihnen achten sollten.

Am 18. März verschlimmerte sich unsere gesundheitliche Situation. Zunehmend starker Husten, Geschmacksverlust bei meiner Tochter und mir. Zudem bei mir einsetzendes Fieber. Daraufhin erfolgte durch meinen Ehemann eine erneute Kontaktaufnahme mit dem Gesundheitsamt. Leider ohne Erfolg, schlimmer noch, uns wurde mitgeteilt, dass nur noch infrastrukturell kritisches Personal getestet wird, weil die Kapazitäten fehlen.

Flächendeckende Test sind absolut notwendig!

Selbstverständlich ist uns klar, dass gerade am Anfang von Corona in unserer Stadt, die Mitarbeiter/innen an der Hotline überfordert waren. Auch bin ich davon überzeugt, dass jede/r Einzelne sein/ihr Bestes gibt. Diesen Personen gilt natürlich mein Respekt und Dank. Dennoch bin ich der Ansicht, gerade auch mit meinen Erfahrungen, dass es zwingend erforderlich ist, Personen flächendeckend zu testen. Erst recht, wenn viele Komponenten, wie in unserem Fall, zusammentreffen. Es war meiner Meinung nach fahrlässig, dass wir nicht getestet wurden und unsere Kontaktpersonen nicht zeitnah durch das Gesundheitsamt informiert wurden. Hier ist ein Umdenken, gerade bei den nun vorgenommenen Lockerungen, dringend geboten.

Noch immer hatte ich die Hoffnung, dass sich die Erkrankung zu Hause auskurieren ließe. Leider war das trügerisch.

Mit Atemproblemen auf die Intensivstation

Nachdem ich zunehmend Atemprobleme und Fieber hatte und kaum aufstand, wurde ich in der darauffolgenden Woche, am 24. März, ins Augusta-Krankenhaus eingeliefert. Wie sich herausstellte, hatte ich eine doppelseitige Lungenentzündung mit Thromben in der Lunge. Meine Sauerstoffsättigung war unter der kritischen Grenze, so dass die Ärzte mich noch am Folgetag auf die Intensivstation verlegten.

Nun begann der Kampf gegen die künstliche Beatmung und das künstliche Koma. Mit Hilfe einer speziellen Maske und dem Team der Intensivstation war es möglich, meinen Zustand zu verbessern. Nach einer Woche konnte ich auf die Normalstation wechseln und nach 17 Tagen das Krankenhaus verlassen. Meiner Ansicht nach ist das medizinische Personal im Krankenhaus in meinem Fall mitentscheidend gewesen. Sie haben daran geglaubt, dass ich mit Hilfe der speziellen Maskentherapie das künstliche Koma umgehen konnte. Auch haben sie mit Kleinigkeiten für Annehmlichkeiten im Alltag gesorgt. Allen gilt mein ausdrücklicher Dank.

Die Sorge um meine Familie

Das Schlimmste an dem Krankenhausaufenthalt waren Einsamkeit und Angst um das eigene Leben. Kein Besuch der Familie, mit der man sich austauschen und beraten konnte. Lediglich zu den Mahlzeiten hatte man Kontakt zum Pflegepersonal und einmal täglich zu den Ärzten. Hinzu kam in meinem Fall die Sorge um meine Familie.

Mittlerweile hatte meine Schwiegermutter ebenfalls eine doppelseitige Lungenentzündung, meine Tochter weiterhin Symptome, die sich jedoch besserten. Allerdings verschlechterte sich der Zustand meines Mannes. Auf sein Drängen hin führte der Hausarzt dann einen Test durch, bei dem überraschenderweise noch nach 14 Tagen das Virus nachgewiesen wurde. Eine Verlängerung der Quarantäne um weitere 14 Tage war für ihn erforderlich. Da sich sein Zustand verschlechterte, verordnete der Hausarzt eine Röntgenuntersuchung der Lunge, um eine Lungenentzündung auszuschließen. Leider weigerten sich die kontaktierten Institute in Düsseldorf eine Röntgenaufnahme vorzunehmen, da mein Mann an Corona erkrankt war.

An der Stelle danke ich dem Augusta-Krankenhaus ganz herzlich. Um unsere familiäre Situation wissend, bot sich die Ambulanz an, die Röntgenuntersuchung bei meinem Mann vorzunehmen. Glücklicherweise wurde keine Lungenentzündung festgestellt und mein Mann ist auf dem Weg der Besserung.

Meine positiven Eindrücke aus der Zeit

Hier sind die Hilfsbereitschaft und das Einfühlungsvermögen des Pflegepersonals im Augusta-Krankenhaus zu nennen. In zahlreichen Gesprächen wurde deutlich, mit welchen Schwierigkeiten sie zu kämpfen haben, sei es die Angst um die eigene Gesundheit, fehlende Schutzausrüstung und mangelndes Ansehen in der Gesellschaft. Gerade im Hinblick auf das Ansehen der Pflegekräfte wurde mir deutlich, dass wir dies als Gesellschaft und insbesondere als Politik auch nach der Krise, weiter fördern und würdigen müssen. Dass die blumigen Worte aller keine Luftschlösser sein dürfen.

Aber ganz besonders möchte ich die Hilfsbereitschaft unseres privaten Umfeldes hervorheben. Freunde von uns und meiner Tochter sowie liebe Nachbarn, die für meine Familie während meines Krankenhausaufenthaltes und der Quarantäne Einkäufe getätigt und ihre Hilfe immer wieder angeboten haben.

Die Kakaju als besondere Helfer in der Not

Aber ein ganz besonderer Zusammenhalt ist hervorzuheben – die Tanzgarde der Freunde der Katholischen Jugend (Kakaju), in der meine Tochter mittanzt. Ganze zwei Wochen wurde von den Mittänzerinnen meine Familie mit gekochtem Essen versorgt und es wurden auch notwendige Einkäufe getätigt. Da die meisten der Mitglieder im Düsseldorfer Süden wohnen, war das Engagement mit einem hohen zeitlichen Aufwand verbunden. Diese Unterstützung sucht ihresgleichen. Hier zeigt sich die Solidarität in einem solchen Team. Soziales Engagement ist für die Kakaju eine Selbstverständlichkeit, die sie einmal mehr unter Beweis gestellt hat.

Nun heißt es, sich in Geduld üben. Es wird noch einige Wochen dauern, bis ich meine Arbeit und sonstigen Aufgaben wieder in gewohnter Form aufnehmen kann. Aber ich bin dankbar, dass es so für meine Familie und mich ausgegangen ist. Nicht alle Betroffenen hatten so viel Glück.